
Oculus
Stephanie Misa Joscha Steffens
16.03. - 18.05.2025
Ausstellung
Eröffnung
Samstag, 15. März, ab 18 Uhr
Artist Talk
Sonntag, 16. März, 14 Uhr
„Dinge sehen“ ist ein komplexer Ausdruck. Es kann bedeuten, Objekte visuell wahrzunehmen als Beweis dafür, dass sie wirklich in der Welt existieren. Es kann aber auch bedeuten, Phänomene zu erfassen, die nicht dieser Welt angehören. Die Ausstellung Oculus bewegt sich behutsam um dieses rätselhafte Sehen von Dingen und führt die Künstlerinnen Stephanie Misa und Joscha Steffens zu historischen Situationen, die gleichzeitig den Moment der Wahrnehmung klären und verwirren. Welche Dinge sehen wir? Sehen wir nur Dinge? Mit der sorgfältigen Vermittlung von Fakten durch die Instrumente der Wissenschaft und der sensiblen Wertschätzung von Fiktion durch die Spekulationen der Kunst versucht die Ausstellung, die binäre Grenze zwischen Fakt und Fiktion aufzulösen, um eine dritte materielle Bedingung von Reflexion und Handeln zu antizipieren.
Der Ort dieses Prozesses ist Heidelberg, wo der philippinische Nationalheld José Rizal 1886 an der Universitäts-Augenklinik Ophthalmologie studierte und den Klinikdirektor Dr. Otto Becker bei mehreren Augenoperationen unterstützte. Zu dieser Zeit war der Augenspiegel ein neues Gerät, das es dem Arzt ermöglichte, das Innere eines lebenden Auges zu sehen. Es war auch in dieser Stadt, dass Rizal Teile seines Romans Noli Me Tangere (1887) schrieb, der teilweise die philippinische Revolution gegen Spanien entfachte. Er wohnte bei dem politisch progressiven Pastor Karl Ulmer in Wilhelmsfeld, einer Stadt nahe Heidelberg.
Diese beiden Initiationen, die durch Visionen und Untersuchungen, insbesondere durch die Öffnung und Schwelle von Rizal, zusammenkommen, sprechen im Rahmen der philippinischen Präsenz als Ehrengast auf der Frankfurter Buchmesse 2025. Der Ausdruck „die Phantasie bevölkert die Luft“, entnommen aus dem Kapitel über Sisa in Rizals Noli Me Tangere, prägt das Ethos und die Theorie einer solchen Präsenz. Er ruft die Intuitionen hervor, die Schreiben und Lesen möglich machen und sowohl die historische Atmosphäre als auch die Ökologie der Spezies und der Geister umgeben.
STEPHANIE MISA ist Künstlerin und Researcherin. In ihrer Arbeit beschäftigt sie sich mit dekolonialen Strategien und verknüpft diese mit Praktiken interkultureller Zusammenarbeit, des Kuratierens sowie der feministischen Kritik. Misas Kunst untersucht Phänomene der Oralität und der Vielfalt von Mehrsprachigkeit. Ihre Arbeiten wurden u.a. in der VBKÖ in Wien (2024), der Wiener Secession (2023), dem Kunstraum Lakeside in Klagenfurt (2023), der RMIT Gallery in Melbourne (2023), Depo Istanbul (2023), KODA/RU House auf Governors Island, NYC (2022), dem KW Institute for Contemporary Art in Berlin (2021) und auf der 9. Bukarest-Biennale (2021) ausgestellt. 2021 erhielt sie den Art Merita Prize for Artistic Research.Misa diplomierte an der Akademie der bildenden Künste Wien und an der NYU im Rahmen des Interactive Telecommunications Programms. Derzeit ist sie Doktorandin an der Kunstuniversität Helsinki und arbeitet an Projekten, die von der Kone Foundation und der Finnischen Kulturstiftung (SKR) gefördert werden. Sie lebt und arbeitet in Wien und lehrt am Institut für Künstlerische Strategien an der Universität für angewandte Kunst Wien. Dort leitet sie das philippinische Forschungsprogramm „Island Tides Initiative“, das von der Senatorin Loren Legarda und der Botschaft der Philippinen in Österreich unterstützt wird.JOSCHA STEFFENS schafft Arbeiten über - und in - Gemeinschaften, die in imaginäre Welten leben. Sein Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Spielwelt - sowohl virtuell als auch live - und der Rolle des Avatar-Ichs. Sein Werk in den Bereichen Fotografie, Videoinstallationen, Spiele und Film lenkt den Fokus auf jenen Spielformen, die von ihren Mitgliedern verlangen, die Grenzen des Spiels zu überschreiten bis hin zu einem sakralen Level der Gaming-Kultur, ihrer Rituale und Bedeutung für religiöse Bewegungen.
Joscha Steffens schloss sein Studium an der Hochschule für Grafik und Buchkunst (HGB) in Leipzig ab und absolvierte das Postgraduiertenprogramm der Kunsthochschule für Medien (KHM) in Köln. Er war Artist in Residence an der Rijksakademie van beeldende Kunsten in Amsterdam und wurde 2020 AIR Fellow der Royal Netherlands Academy of Arts and Sciences in der Forschungsgruppe des Netherlands Institute for Advanced Study (NIAS/KNAW). Seit 2020 organisiert und moderiert er das Gameshow-Format Talking Heads in Heidelberg an der Schnittstelle von Kunst und Wissenschaft.
Unter Anderem wurde seine Werke mit dem Wüstenrot Preis für Dokumentarfotografie (2017), dem Großen Kunstpreis Köln (2016) und dem Mannheimer Kunstpreis der Heinrich-Vetter-Stiftung (2020) ausgezeichnet. Werken in öffentlichen und privaten Sammlungen beinhalten: Fotografische Sammlung Folkwang Museum Essen, DZ Bank Kunstsammlung, Kunstsammlung der Europäischen Zentralbank, Huis Marseille - Museum voor Fotografie, Collectie Rijksakademie van beeldende Kunsten, Kunstsammlung der Stadt Heidelberg und HSG Kunstsammlung St Gallen.
PATRICK FLORES ist Chefkurator der National Gallery Singapore. Zudem ist er Professor für Kunstwissenschaft an der Universität der Philippinen und Direktor des Philippine Contemporary Art Network. Er ist Autor zahlreicher Publikationen zur Kunst Südostasiens mit einem besonderen Fokus auf deren koloniale und modernistische Formationen. Darüber hinaus kuratierte er zeitgenössische Ausstellungen in und über Südostasien. 1999 war Flores Visiting Fellow an der National Gallery of Art in Washington, D.C., und 2014 Gastwissenschaftler am Getty Research Institute in Los Angeles.Zu seinen Veröffentlichungen zählen Painting History: Revisions in Philippine Colonial Art (1999), Past Peripheral: Curation in Southeast Asia (2008), Raymundo Albano: Texts (2017) sowie The Modern in Southeast Asian Art: A Reader (2023), das er gemeinsam mit T. K. Sabapathy herausgab. Er war Kurator (Position Papers) der Gwangju Biennale 2008, künstlerischer Leiter der Singapore Biennale 2019, und Kurator des philippinischen Pavillons 2015 sowie der Taiwan Ausstellung 2022 im Rahmen der Venedig-Biennale.